
22.06.18 –
Zurzeit wird von den kommunalpolitischen Gremien eine Vorlage zur Verschärfung der Straßenordnung diskutiert. Wir Grüne wenden uns dagegen und haben eine Offenen Brief an die Zivilgesellshaft formuliert, um auf die geplanten Änderungen hinzuweisen.
Zurzeit wird von den kommunalpolitischen Gremien eine Vorlage zur Verschärfung der Straßenordnung diskutiert. Wir Grüne wenden uns dagegen und haben eine Offenen Brief an die Zivilgesellshaft formuliert, um auf die geplanten Änderungen hinzuweisen.
Nachdem u.a. die Bezirksvertretungen Wald und Gräfrath den Punkt vertagten, wurde das Thema nun auch im Rat auf den Sitzungsblock im September vertagt. Zu Recht findet die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen-offene Liste.
Deren SprecherInnen Martina Zsack-Möllmann und Frank Knoche  erklären: „Wir halten es für völlig unnötig, die Straßenordnung zu  verschärfen. Die Nutzung des öffentlichen Raums durch die Menschen  dieser Stadt würde massiv eingeschränkt, die BürgerInnen würden in  anmaßender Weise gegängelt. Damit konterkariert die Vorlage aus Sicht  der Grünen das Ziel einer bürgerfreundlichen Stadt für alle. Wir wollen  keine Stadt, in der bis in die kleinsten Bereiche mit Verboten und  drastischen Strafen gelebt werden muss.
Die neu vorgeschlagenen  Formulierungen sind zudem häufig völlig unbestimmt formuliert. Dadurch  hängt die Ahndung der ordnungsrechtlichen Tatbestände mit bis zu 1.000 €  Geld-buße überwiegend von der persönlichen Wahrnehmung der  MitarbeiterInnen des Ordnungsamtes ab. 
Tatbestände wie
sind viel zu unbestimmt, interpretationsfähig bzw. gängeln die BürgerInnen unnötig.
Hier geht es wieder einmal darum, bestimmte Menschen aus dem  innerstädtischen öffentlichen Leben zu entfernen. Und es geht darum,  ohne Anlass und gegen den Rat der Fachleute die Nutzung des öffentlichen  Raums massiv einzuschränken, denn wer mag objektiv und all-gemein  geltend definieren, was „Belästigung“ ist. Randalieren und Ruhestörender  Lärm sind heute schon ordnungswidrig und können geahn-det werden. Das  reicht aus unserer Sicht vollkommen aus. 
Was eine Gesellschaft im alltäglichen doch auch für sich  aushandeln muss, kann nicht alles per Ordnungsrecht als  Ordnungswidrigkeit aufgeführt werden. So sollte auch zukünftig ein  Treffen von Jugendlichen an bestimmten Orten erlaubt sein, an denen man  evt. auch einmal eine städtische Bank umstellt und bei Genuss von  alkoholischen Getränken etwas lauter wird. Dies kann uns Ältere stören.  Aber bei kommerziellen Angeboten, bei unserem Stamm-lokal, das uns bei  sommerlichen Temperaturen ein kühles Bier serviert und wir bei einer  guten Stimmung auch mal lauter werden, fühlen wir Erwachsene uns ja auch  wohl. Wo liegt dabei der Unterschied? 
Solingen ist Solingen ist eine der sichersten Städte  Deutschlands. Wir brauchen keine verschärfte Straßenordnung. Wir  brauchen eine intensivere Zusammenarbeit von Ordnungsdienst und mehr  SozialarbeiterInnen. Damit hat Ohligs sehr gute Erfahrungen gemacht.  Vertreibung war noch nie eine sinnvolle Antwort auf soziale Fragen! In  der gleichen Beschlussvorlage wird auch das Konzept ‚Prävention im  Kinder- und Jugendalter‘ vorgestellt, was ebenfalls demnächst  beschlossen werden soll. Inhalt ist u.a. die aufsuchende Arbeit im  öffentlichen Raum. Präventionsansätze setzen einen auf Vertrauen  basierenden Zugang zu Jugendlichen voraus. Wie kann diese jedoch  gelingen, wenn jugendliches Benehmen laut Straßenordnung oftmals schon  eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Wollen wir mehr disziplinieren oder  ein Vertrau-ensverhältnis zu auch schwierigen Gruppen schaffen. Diesem  Konflikt würden wir die zu-künftigen MitarbeiterInnen aussetzen, wenn  das neue Ordnungsrecht eins zu eins umgesetzt würde. 
Sehr geehrte Damen und Herren, 
mit diesem offene Brief an  Wohlfahrtsverbände, Kirchen und in diesem Kontext der Vorlage relevante  Träger von sozialen Einrichtungen möchten wir auf besondere  problematische „Tatbestände“ in einer verschärften Straßenordnung  aufmerksam machen, die zur Zeit in einem Beschlussentwurf der Politik  zur Beratung vorliegt.
Zu den vorgeschlagenen Tatbeständen im Einzelnen 
-  Künftig wäre ‘jedes Verhalten untersagt, das geeignet ist, andere’(…)  ‘mehr als nach den Umständen vermeidbar zu behindern oder zu belästigen’  [§ 12 (1)]. Ein so unbestimmter Tatbestand ist objektiv nicht zu  entscheiden. ‘Belästigung’ wird von jedem sehr individuell und  unterschiedlich empfunden.
Mit Geldbuße bis zu 1.000 € bestraft werden soll(en) künftig:
-  die ‘Wiederkehrende ortsfeste Ansammlung von Personen (Lagern), die  dabei Passanten bei der Nutzung des öffentlichen Straßenraums im Rahmen  des Gemeingebrauchs behindern oder belästigen’ [§ 12 (1) 2.] Wie sollen  Mitarbeiter des Ordnungsamtes entscheiden, was eine ‘Belästigung’  darstellt? Wann darf wer sich ungestraft am selben Platz wie gestern  aufhalten? Wird ‘Belästigung’ individuell nicht auch danach empfunden,  welches Alter, welche Herkunft … die Betroffenen haben?
- ‘Störungen  vor allem in Verbindung mit Alkoholgenuss oder anderen berauschenden  Mitteln (z.B. Grölen (…)’ [§ 12, (1) 3.] Ist Public Viewing mit  Alkoholgenuss und das Anfeuern der eigenen Mannschaft eine Belästigung?  Wie ist das, wenn Fußballfans drei Wochen nach der WM ihre Hymnen  singen: Werden sie bestraft? Eine Regelung, die mal so und mal so  durchgesetzt werden kann, nutzt niemanden und zerstört das Vertrauen in  die demokratische Stadtgesellschaft. 
- Wer Informationsmaterial  verteilt, ohne ‘sein von Passanten in einem Umkreis von 100 m  weggeworfenes Werbematerial unverzüglich wieder einzusammeln.’ [§ 20  (3)] So wird die Arbeit u.a. von Bürgerinitiativen massiv erschwert.
-  ‘Musiker und Schauspieler dürfen nur in den ersten 30 Minuten einer  vollen Stunde ihre Darbietungen vorführen. Die zweite Hälfte jeder  vollen Stunde ist spielfrei zu halten. Nach jeder Darbietung ist der  Standort so zu verändern, dass die Darbietung am ursprünglichen Standort  nicht mehr hörbar ist, der neue Standort muss mindestens 200 Meter  entfernt sein.’ [§ 19 (2)] Gibt es in Solingen tatsächlich so viele  Straßenmuskanten, dass wir hier ordnungsrechtlich eingreifen müssen?  Soll so die Innenstadt mit Leben gefüllt werden?“
- ‘Das Füttern wildlebender Tiere (…) ist untersagt.’ [§ 14 (7)]
Die  heutige Straßenordnung verbietet das Füttern von Wildtauben,  verwilderten Haustauben und Wassergeflügel. Soll künftig auch das  Füttern von wildlebenden Singvögeln mit Meisenknödeln durch Bußgelder  bestraft werden? 
- Was zählt noch zu ‘von der Klingenstadt Solingen  für besondere Zwecke zur Verfügung gestellte Flächen wie zum Beispiel  Spiel- und Bolzplätzen’ [§ 11 (9)], 
auf denen ein komplettes  Alkoholverbot gelten soll? Sind damit auch Sportplätze, Parkplätze,  Grillplätze gemeint oder nicht? Oder wird dies individuell  unterschiedlich ausgelegt? Die Unbestimmtheit der Definition der  Ordnungswidrigkeiten insbesondere in Verbindung mit Alkoholgenuss deutet  darauf hin, dass ein Verbot von Alkohol im öffentlichen Raum – das  entsprechend dem Duisburger Urteil nicht durchsetzbar ist – durch die  Hintertüre eingeführt werden könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen-offene Liste
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Liebe Solinger*innen,
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Mit grünen Grüßen
Ihr GRÜNES Geschäftsstellenteam