BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

B90/DIE GRÜNEN SOLINGEN

Sommer-Unternehmenstour mit Yazgülü Zeybek

17.07.23 – von Finn Grimsehl-Schmitz –

Nordrhein-Westfalen soll die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden - dieses Ziel gibt der Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN im Land NRW aus. Wie Unternehmen bereits an vielen Stellen auf einem guten Weg hin zu nachhaltiger Wertschöpfung und klimaneutraler Produktion sind und wo Unternehmerinnen und Unternehmer noch dringenden Unterstützungsbedarf benötigen, davon wollte sich die Grüne Landesvorsitzende Yazgülü Zeybek vergangene Woche selbst ein Bild machen.

Die gebürtige Solingerin und ehemalige Fraktionsvorsitzende der Wuppertaler GRÜNEN tourte durch das Bergische Land und besuchte verschiedene starke, traditionsreiche Unternehmen in Remscheid, Wuppertal und Solingen. 

Bei uns in Solingen machte Yazgülü erstmals am Mittwoch, begleitet von einigen Mitgliedern der Solinger Partei, Ratsfraktion sowie Grünen Jugend halt. Es stand eine Besichtigung der Otto Röhrig Gesenkschmiede auf dem Plan. Die Schmiede besteht seit dem 19. Jahrhundert als Familienunternehmen und spezialisierte sich nach Anfängen in der Friseurscherenproduktion auf die Herstellung von Rohlingen für chirurgische Instrumente. Für die Produktion von Scheren befindet sich mit dem Unternehmen ein Weltmarktführer in der Klingenstadt! Wie vielen in der energieintensiven Branche machen dem Unternehmen besonders die in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine massiv gestiegenen Energiepreise zu schaffen, berichtete die Geschäftsleitung. Um den Betrieb zukünftig auf eine klimaneutrale Produktion umzustellen sowie das in die Jahre gekommene Dach der Produktionshalle für eine Photovoltaikanlage zu nutzen, erhofft sich das Unternehmen vor allem einfachere und schneller zu beantragende Förderprogramme durch den Abbau bürokratischer Hürden. 

Der nächste Zwischenstopp in Solingen geschah bei der Firma Röltgen. Sie stellt unter anderem Kennzeichnungswerkzeuge und Tablettenpressen her, die in verschiedensten Branchen wie Autoindustrie, Luft-und Raumfahrt, Pharma-, Kosmetik-, und Lebensmittelindustrie benötigt werden. Röltgen setzt bereits seit einiger Zeit auf eine nachhaltige Produktion, indem das Unternehmen Regenwasser für den Betriebsgebrauch aufbereitet und eine große PV-Anlage auf dem Dach betreibt. Der dadurch erzeugte Strom fließt direkt in den Maschinenpark der Firma. Für die Zukunft wünscht sich die Firma vor allem Verbesserungen im Schulsystem, um Berufsausbildungen attraktiver zu machen bzw. gezielter auf diese vorzubereiten. 

Am Donnerstag ging es zum Räderhersteller Accuride. Am Standort der ehemaligen Firma Kronprinz werden bereits seit 126 Jahren Räder gefertigt. Der internationale amerikanische Konzern Accuride übernahm 2018 seinen Konkurrenten Mefro Wheels und damit den Mutterkonzern von Kronprinz. Accuride hat sich zu einem führenden Produzenten von LKW-Stahlrädern entwickelt und hält den größten Marktanteil im Nutzfahrzeugbereich Europas. In einer sehr ausführlichen Führung wurden uns die unterschiedlichen Arbeitsschritte sowie der aktuelle Stand der Technik in der Herstellung der Stahlfelgen gezeigt. Diese sind aufgrund des insgesamt weniger benötigten Materials leichter als Aluminiumfelgen und dadurch aufgrund der Gewichtsvorteile immer beliebter auf dem Markt. In einem Pilotprojekt beteiligt sich Accuride an der Herstellung von grünem Stahl in Zusammenarbeit mit ThyssenKrupp und stellt erste serienreife Stahlfelgen aus klimaneutral produziertem Stahl her. Diese weisen bereits einen um 66 % reduzierten Co2-Fußabdruck auf als herkömmliche Räder. 2026 wird bei ThyssenKrupp der Hochlauf der Stahlfertigung mit grünem Wasserstoff starten, dann soll der Großteil aller Stahlräder bei Accuride aus grünem Stahl bestehen. Auch langfristig ist man bei Accuride strategisch für eine klimaneutrale Produktion gewappnet. Durch das Programm AccuSUSTAIN strebt Accuride an, seine Standorte bis 2039 vollständig CO2-neutral zu betreiben. Für den Solinger Standort wird dabei höchstwahrscheinlich die Installation einer aufwendigen Geothermieanlage von Bedeutung sein.
In unseren Gesprächen forderten die Vertreter:innen des Unternehmens, die Bemühungen durch eine rasche Einführung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus auf Ebene der Europäischen Union abzusichern. Die kommende Abgabe für nicht-europäische Waren müsse sich auch auf Endprodukte erstrecken, um mit asiatischen Wettbewerbern mithalten zu können. 

Am Freitag ging es zum letzten Solinger Tourstopp zu BIA Kunstoff- und Galvanotechnik. Das mittelständische Unternehmen mit Sitz in Solingen und weiteren Produktionsstandorten in China, Mexiko und der Slowakei ist Hersteller von galvanisierten Kunstoffteilen und Zulieferer der Automobilindustrie. Gründer und Geschäftsführer Jörg Püttbach ist gleichzeitig Vorsitzender des Zentralverbands Oberflächentechnik e. V., welches viele mittelständische Unternehmen der Branche vertritt. Auch die Galvanik ist ein energieintensives Gewerbe, sowohl was die Verwendung von Strom, als auch von Gas betrifft. Obwohl am Solinger Standort alle Dachflächen mit PV-Anlagen ausgestattet wurden, deckt das den Strombedarf nur anteilig. Püttbach regte verschiedene Maßnahmen an, um die Umstellung auf kostengünstige, C02-neutrale Energie für mittelständische, energieintensive Unternehmen zu erleichtern und damit die Produktionsbedingungen in Deutschland erheblich zu verbessern. Darunter die Möglichkeit, für mittelständische Unternehmen sogenannte Power-Purchase-Agreements (PPA) mit Stromlieferanten von grünem Strom zu schließen. Des Weiteren seien Unternehmen wie BIA nach Möglichkeit beim Industriestrompreis zu berücksichtigen, den das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium zur Zeit konzipiert. Für die Geschicke der Solinger Politik sei vor allem die Anbindung an die Viehbachtalstraße ein relevantes Mittel, um die Unternehmen im Gewerbegebiet Scheuren zu unterstützen. Zugleich würde diese Maßnahme den Schwerlastverkehr auf den Hauptstraßen im Innenstadtbereich erheblich ausdünnen. In Absprache mit der Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek versprachen wir, uns für einen Ortstermin mit dem NRW-Verkehrsministerium einzusetzen und die Planungen hierdurch zu beschleunigen. 

 

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